<<< zruck

The Damned Best Dance Band In Town

Ein Interview von:

Tommy Tatzber
mit Gerhard "DOC" Richter

Im Jahr 1960 entstand in Wien, aus dem Zusammenwirken
von Gerhard Richter und Herbert Janata eine Band,
die mit ihrer Mischung aus Blues, Folk und Wiener Schmäh
10 Jahre später die Österreichische Musikszene
so beeinflussen sollte wie keine andere zuvor oder danach.

Gemeinsam mit Gerhard Richter machte ich mich auf eine Reise durch die Vergangenheit, in eine Zeit, als auch der staatliche Rundfunk noch kreativ und progressiv gestaltend im nationalen Kulturschaffen mitwirkte.

"Ich trat schon in den 50er Jahren alleine auf und spielte damals z.B. im Porrhaus oder in einem C&W-Club in der Wasagasse Blues. Nebenbei hatte ich 1959 eine Schülerband gegründet, mit denen ich damals aktuelle Schlager spielte. Wir probten bei uns zu Hause. Eines Tages läutete es an der Tür und Herbert Janata stand draußen mit einer Gitarre und meinte er hätte hier Musik gehört und würde gerne mitspielen. Er hatte damals auch einen Freund mitgebracht, der einen 'tub-bass' (Holzkiste mit Besenstiel und gespannter Wäscheleine) spielte. Wir erarbeiteten gemeinsam 3-4 Songs wie 'Jesse James' oder den 'Worried Man Blues' und waren so begeistert von dem Entstandenen, daß wir unsere Instrumente zusammenpackten und in die Mahlergasse gingen. Heute ist dort eine Kunstgalerie, doch damals war es ein Cafe mit einem großen Keller. Da war das zu Hause des 'Twen', eine Art Club, wo Platten aufgelegt wurden. Wir sagten, wir seien eine Live-Band, ob wir hier spielen könnten und als danach die Leute uns fragten wie die Gruppe hieße, fiel uns spontan nur 'The Worried Men' ein. Dies war also der erste Auftritt unter diesem Namen. Als Gage erhielten wir damals ein Cola, denn die meisten von uns waren erst 16."

Was war und ist das Geheimnis der 'Worried Men', daß sie bis heute durchgehalten haben?

"In unserer Band waren von Anfang an keine zwei Leute, die den gleichen Musikgeschmack hatten, d.h. wir haben nie an einem gemeinsamen Strang gezogen und stritten, damals wie heute, in welche Richtung sich die Gruppe entwickeln sollte. Bei uns spielte immer jeder Einzelne seine Musik weiter und glücklicherweise kam trotzdem immer etwas Gemeinsames dabei heraus. Jeder durfte seine Wunschnummern ins Programm nehmen und gemeinsam machten wir Skiffle-Musik daraus. Herbert Janata war ein großer Oldtime-Jazz Fan und so spielten wir Stücke wie Jelly Roll Mortons 'Doctor Jazz'. Unser Waschbrettspieler liebte Rock'n'Roller wie Richie Valens und so hatten wir auch 'La Bamba' im Programm. Ich war damals ganz begeistert von Country-Sängern wie Jimmie Rodgers, Johnny Cash und Hank Snow. Auch deren Musik wurde in unserem eigenen Stil neuinterpretiert."

Wie kam eine Wiener Band damals zur 'Skiffle'-Musik.

"Der Skiffle war damals die einzige gemeinsame Leidenschaft, die wir hatten. Der englische Skiffle-Musiker Lonnie Donegan war eine Zeit lang als Besatzungssoldat in Wien stationiert und hatte vielleicht etwas von seiner Musik zurückgelassen. Ich hörte in den 50er Jahren hauptsächlich Radio Luxenburg auf der Mittelwelle, denn hier wurde Rock'n'Roll gespielt, der im österreichischen Rundfunk nicht vorhanden war. Hier hörte ich zum ersten Mal Little Richard, Jerry Lee Lewis, Johnny Burnette, Gene Vincent und Richie Valens und mir war sofort klar, das war die Musik, die ich spielen wollte. Ur-Rock'n'Roll und Rhythm&Blues. Der frühe Roy Orbison oder Ray Charles waren meine Idole. Auf Radio Luxenburg wurden aber auch Stile präsentiert, die mit dieser Musik eng verwandt waren wie Rockabilly, Blues und der britische Skiffle. Bei einem Besuch in London konnte ich dann einige Skiffle-Bands auch 'live' hören und kaufte sofort alle Platten aus dieser Richtung, die ich bekommen konnte. Auf der Mariahilferstraße gab es damals einen kleinen Plattenhändler, der sehr viele Jazz- und Bluesplatten anbot. Als ich ihn auf Skiffle- und Rockabilly-Musik aufmerksam machte, begann er sofort Aufnahmen aus diesem Bereich zu besorgen. Für uns war er einer der ganz Wichtigen, denn er versorgte uns immer mit den neuesten Platten."

In welcher musikalischen Szene hat sich die Worried Men Skiffle Group damals bewegt?

"Es gab am Ende der 60er Jahre eine starke Folkszene in Wien. Jedes Jahr wurde am Leopoldsberg ein Festival veranstaltet und dort spielten Bands wie die Schmetterlinge, Milestones, Bluegrass Special und Musiker wie Waterloo & Robinson oder Jack Grunsky. Natürlich waren auch wir mit unserm Stil sehr oft mit von der Partie."

Wie kam der 'Wiener Schmäh' zur Worried Men Skiffle Group?

"Wir spielten schon eine ganze Weile unsern Skiffle-Stilmix, doch unsere Songs waren alle in englischer Sprache. Eines Tages traten einige Personen der ORF Jugendredaktion wie Ernst Grissemann an uns heran und fragten, ob wir nicht einmal auch Wienerlieder ins Programm nehmen wollten. Doch bei aller stilistischen Offenheit die wir damals hatten waren wir uns einig, daß das nicht für uns in Frage kam. Daraufhin wurden uns Manuskripte von jungen Wiener Dichtern angeboten. 'Schauts obs da was daraus machen könnts!' meinte man. Diese damals völlig unbekannten Literaten sind heute als die 'Wiener Gruppe' (Bayer, Artmann, Achleitner, Rühm, Wiener) bekannt. Wir haben begonnen einige dieser Texte zu vertonen, zu 'verskifflen' und aufzunehmen. Im ORF war man so begeistert davon, daß uns sofort eine Plattenaufnahme für 'Glaubst I Bin Bled' (Text: Konrad Bayer) ermöglicht wurde. Diese Platte wurde überraschenderweise ein großer Verkaufserfolg. Friedrich Achleitners Text 'I Bin A Wunder', der zuerst aus dem Oberösterreichischen ins Wienerische 'übersetzt' werden mußte, wurde in unserer Bearbeitung sogar ein noch größerer Verkaufsschlager und wir waren damit sieben Wochen auf Platz 1 der Hitparade. Es gab zwar bis zu 'Glaubst I Bin Bled' schon andere Musik mit Wiener Dialekttexten - Wienerlieder oder Kabarettnummern. Aber wir waren die ersten, die so etwas wie Wiener 'Popmusik' machten und damit auch Geburtshelfer des Austro Pop, auch wenn ein gewisser Gerd Bronner immer behauptet, daß sein 'A Glockn' mit Marianne Mendt der erste Dialekt-Pop-Song war."

Wann entstanden die ersten selbstverfassten Texte?

"Nachdem unsere Musik so eingeschlagen hatte, kamen immer wieder Leute zu uns, mit Ideen für neue Songs. Viele unserer Stücke waren eigentlich 'Auftragsarbeiten'. Dietmar Schönherr war der erste der meinte, er hätte eine Fernsehsendung zum Thema 'Umweltschutz' in Planung, ob wir nicht ein Lied dafür schreiben wollten. Damals schrieb Herbert Janata unseren ersten eigenen Dialekttext 'Da Mensch Is A Sau'. 'Kauf A Zeitung' wurde für ein Jubiläum der Presse geschrieben. Wir hatten aber auch immer wieder Menschen, die für uns schrieben. Der Interessanteste war wahrscheinlich Hans Lang, der Komponist des Liedes 'Mariandl'. Er kam eines Tages zu uns und meinte, er hätte ein paar Lieder, die ihm Keiner abnehmen wollte. So kamen wir zum Stück 'Trottl Kannst Mi Haßn'. Der Hausner, damals einer der Chefschreiber für Wolfgang Ambros, bot uns 'I Bin A Weh' an. Einer der schönsten Erfolge war, als die Plattenfirma Amadeo an uns herantrat und meinte, wir sollten eine LP aufnehmen, das Budget sei egal. So etwas war damals noch möglich. Wir spielten eine Seite der Platte mit unsern eigenen Stücken ein. Für die zweite Seite vertonten wir Texte von Andreas Okopenko, damals auch ein junger, eher unbekannter Dichter (Mittlerweile erhielt er den österreichischen Staatspreis). Für jedes Stück luden wir andere Gastmusiker ins Studio ein, die manchmal nur ein paar Takte spielten. Darunter waren eine der damals besten Zigeunercombos, eine Old Time Jazzband und Christian Kolonovits. Mit Okopenko waren wir dann sogar auf Tournee. Wir kamen bis nach Berlin und Frankfurt. Er las etwas vor und wir spielten danach einen Song mit seinem Text. Das kam damals sehr gut an. Die Leute waren begeistert."

Wurde die Worried Men Skiffle Group immer von allen mit offenen Armen empfangen?

"Nein. Wir standen sogar einmal beim Rundfunk auf der schwarzen Liste. Wir hatten einen Song veröffentlicht der hieß 'Karl, Wie Schaust Du Aus', ein Anti-Kriegs-Lied. Zufällig hatte damals auch der Verteidigungsminister den selben Vornamen. Als das Lied einmal im ORF gesendet wurde, kam sofort ein Anruf aus dem Ministerium und gefolgt von einem Sendeverbot."

Trotz all dieser 'ups & downs' hat sich die Band ihre Energie und Frische bis heute bewahrt, wie man sich bei einem ihrer Konzerte jederzeit überzeugen kann.                                   <<< zruck

copyright by Tommy Tatzber - HTML Bearbeitung by www.wagners-web.at